Was wir von den Kelten übernommen haben

Usinger Neue Presse – 30.04.2016 – Autor: Andreas Burger

Usinger Land. Eigentlich ist die Nacht zum 1. Mai ein äußerst heidnisches Fest, betrachtet man die Ursprünge. Dazu später mehr.

Den Namen hat die Walpurgisnacht von der Heiligen Walburga. In England geboren, dann im Alter von 11 Jahren in das Kloster von Wimborne in Dorset aufgenommen, lebte sie dort 26 Jahre. Später überquerte sie den Ärmelkanal und ging vermutlich bei Antwerpen an Land. Der Legende nach hat nur ihr stetes Beten an Bord das in einen Sturm geratene Schiff gerettet. Daher gilt sie bis heute als Schutzpatronin der Seeleute. Ihre neue Heimat befand sich zunächst in Tauberbischofsheim, 761 übernahm Walburga das Männerkloster Heidenheim, wenig später kam ein Frauenkloster hinzu. Durch die Leitung dieses mächtigen Doppelklosters wurde Walburga zu einer der bedeutendsten Frauen des christlichen Europas. Der Walpurgisbiograf Wolfhard von Herrieden berichtet rund 200 Jahre später von zwei Wundern, die Walburga in dieser Zeit gewirkt haben soll. Demnach soll sie einmal ein Kind mit Hilfe dreier Ähren vor dem Verhungern gerettet haben und ein anderes Mal erfolgreich einen tollwütigen Hund beruhigt haben. Auch von Krankenheilungen und der Rettung einer im Kindbettfieber danieder liegenden Wöchnerin wird berichtet. Der genaue Todestag Walburgas ist nicht eindeutig belegbar. Das von den Heidenheimer Klosterannalen auf den 25. Februar 779 festgelegte Sterbedatum ist umstritten. Die Heiligsprechung Walburgas erfolgte am 1. Mai (vermutlich im Jahre 870 durch Papst Hadrian II). Ihre Reliquien befanden sich zunächst in der Heilig-Kreuz-Kirche, heute sind sie in der Abtei St. Walburg in Eichstätt. bur

 

Die Nacht zum ersten Mai gehört den Hexen. Auf dem Brocken im Harz (und anderswo) brennen dann die Feuer, wundersames Volk tanzt um die Flammen und ergeht sich in gar merkwürdigen Ritualen. Wobei sich die Frage stellt, ob es der bessere Brauch ist, sich beim Maitanz mit Bier zuzurüsseln. Die einzige Verbindung zum ursprünglichen Sinn des Festes dürfte hier lediglich bei der Vorliebe der Kelten für Bier und Met liegen.

Das Walpurgisfest hat erst einmal keine direkte Beziehung zur Heiligen Walburga. In erster Linie wird das Aufblühen der Natur gefeiert und die neu aufkeimende Liebe, was sich durchaus auch im Namen der Walpurgisnacht entdecken lässt und das auf der Internetseite „wotans-erben“ recht ordentlich erklärt wird. Die Silbe Wal bedeutet „groß“. So ist ein Walfisch ein großer Fisch, die Walhalla die große Halle und ein Wald ein ebenfalls übergroßes (Lebensraum-)Territorium mit unzähligen Bäumen.

Die zweite Silbe Purg, Purga, Purgis bedeutet Burg, aber auch Mutterleib. Wenn man das Wort „Walpurgis“ also übersetzt, dann bedeutet es „großer Mutterleib“ – eine Art Bezeichnung für eine hochschwangere Frau.

Die Natur belegt dies. Zum Walpurgisfest steht bei vielen Tieren eine Geburt bevor, die Natur erwacht zu neuem Leben. Seit der Bronzezeit feiern die Menschen dieses Fest. Regional unterschiedlich sind dabei aber die Bräuche, die sich im Lauf der Jahrhunderte ausgebildet haben. Viele von ihnen gehen auf keltische Grundlagen zurück – der Maibaum etwa, auch Lebensbaum, der die Fruchtbarkeit (Phallussymbol) symbolisiert.

Das Maifeuer, oft auch in Verbindung gebracht mit dem Verbrennen von Hexen, leitet sich auch vom keltischen Namen der Walpurgisnacht ab: „Beltane“, das „Feuer des Bel“ (vom gallischen Gott Belenos). Belenos ist der keltische Lichtgott, der dem germanischen Balder (Baldur) entspricht.

Der Sage nach vereinigt sich an diesem Tag der Sonnen- und Himmelsgott Odin mit der Erdgöttin Frigg. Im Brauchtum werden bis heute stellvertretend Maikönig und Maikönigin gewählt. Dieser Mythos der „Heiligen Hochzeit“ findet auch im Keltischen seine Entsprechung. Hier wird eben das Feuerfest Beltane begangen. Der Kult ist in Gallien, Norditalien und Britannien nachgewiesen.

Der erste Mai ist sozusagen das „Große Geburtstagsfest der Natur“, hier wird alles Leben (sichtbar) wiedergeboren. Wal-Purga, das große Geburtsfest, ist also neben dem Sonnengeburtstagsfest (am 21. Dezember) also ein weiteres großes „Geburtsfest“. (bur)

 

Artikel in der Online-Ausgabe der Taunus Zeitung – Usinger Neue Presse
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